Den Augustrückblick habe ich verpasst. Aber ich bin ja ein cleveres Kerlchen. Darum lasse ich zum Start ins neue Schuljahr hier in Bayern einfach die Sommerferien Revue passieren, um ein paar Augustbilder und -gedanken unterzubringen.

Alle Jahre wieder begehe ich ja in den Sommerferien meinen Geburtstag. Als Kind fand ich das toll, denn so habe ich diesen Tag oft an besonderen Orten verbracht, weil wir zu der Zeit im Urlaub waren. Außerdem wurde ich dadurch immer zweimal gefeiert, weil dann nach den Ferien die Party mit meinen Freunden anstand. Als Erwachsene finde ich es übrigens immer noch toll, denn inzwischen bin ich Partyfaul geworden. Und Geburtstag in der Ferienzeit ist eine perfekte Ausrede, um sich vorm Feiern zu drücken – ist ja eh keiner da.


Diesen Geburtstag ist mir einmal mehr aufgefallen, was für eine seltsame Sache die Zeit doch ist. Ich bin mittlerweile in einem Alter, in dem es mir oft so vorkommt, als wären die Dinge, die mir in meiner Kindheit passiert sind, die ich erlebt und erfahren habe, nichts weiter als Geschichten, die mir jemand erzählt hat. Wenn ich mit meinen Kindern in meiner alten Heimat zu Besuch bin rückt jedoch alles wieder näher zusammen. Mit jedem „Oh, schau mal, hier hab‘ ich früher…“ und „Als ich so alt war wie du, bin ich hier…“ fühle ich die Vergangenheit wieder nach. So ist der traditionelle Bad Wildungen Besuch zu Beginn der großen Ferien immer auch eine Reise in die Vergangenheit. Ich mag das sehr und vielleicht nennt man es Sentimentalität. Das heißt aber nicht, dass ich es je bereut hätte, fortgegangen zu sein. Denn all die Erinnerungen, die ich an anderen Orten leben und sammeln konnte – ob sie noch spürbar sind oder weit weg – möchte ich nicht missen. Ich bin vielleicht mehr als meine Erinnerungen, aber ob greifbar oder nicht, sie sind immer Teil meiner Gegenwart und meines Augenblicks.
Was sonst noch so los war:
☀️ Gelesen: Viel Fisch und Poesie, reichlich Melancholie und eine Prise Humor – „Etwas von der Größe des Universums“ von Jón Kalman Stefánsson ist eine große Empfehlung für alle, die Familien-Sagas lieben. Außerdem ist es eine tolle Gelegenheit Island einmal anders kennenzulernen, fernab von touristischer Romantisierung. Über mehreren Zeitebenen hinweg zeichnet der Autor die Geschichte einer Familie nach, mit all dem Glück und Unglück, der Liebe und der Gewalt, dem Lachen und dem Kummer, mit all den Dingen, mit denen jede Generation auf ihre Weise zu kämpfen hat. Jon Kalman Stefánsson fängt nicht nur die raue Schönheit Islands, sondern gleichsam die raue Schönheit des Lebens mit seiner feinsinnigen Sprache ein.
☀️ Geschaut: „In die Sonne schauen“ ist ein bisschen, als würde man durch ein altes Fotoalbum blättern. Der Film lebt von seinen eindrücklichen Bildern und von all dem, was sich in ihnen andeutet. Langsam, eindringlich und ruhig erzählt das Werk von tradierten Erwartungen, von subtilen Verletzungen und offener Gewalt. Vier Zeitebenen, vier Generationen (scheint irgendwie ein Thema bei mir in den letzten Wochen). Die alles verbindenden Elemente sind ein Gutshof und der Tod. Es gilt, viel zwischen den Zeilen – oder zwischen den Bildern – zu lesen. Nichts für einen fröhlichen Kinoabend, dafür Geschichten, die lange nachhallen.
☀️ Gehört: ‚The Speakeasies‘ Swing Band‘ ist für mich die perfekte Sommermusik.
☀️ Gemacht: Wir haben uns ja darauf verlegt, in den Pfingstferien unseren großen Urlaub zu machen und die Sommerferien – abgesehen vom Familienbesuch – daheim zu verbringen. Das hat den großen Vorteil übervolle Städte und Strände zu meiden. Und wenn man da lebt, wo andere Urlaub machen, ist ein Sommer Zuhause ganz wunderbar. So war ich im Planetarium, auf einer Freilichtbühne, Wandern und seit Jahrzehnten einmal wieder Tretbootfahren. Und an meinem Geburtstag habe ich Mann und Kinder zum Besuch einer Kunstausstellung genötigt. Außerdem konnte ich eine große Entscheidung treffen. Es wurde also nicht langweilig und die ein oder andere Unternehmung bekommt nochmal einen eigenen Beitrag.





☀️ Geliebt: Lange Abende auf dem Freisitz, mit einem Alibibuch im Liegestuhl liegen und in die Wolken starren, Mais vom Grill, das Glitzern der Abendsonne auf der Donau.
☀️ Entdeckt: Meine Mutter hat bei meinem Besuch ein echtes Schatzkistchen hervorgeholt, das ihr kürzlich in die Hände gefallen ist, ein Schatzkistchen mit alten Briefen und Zeichnungen. Das Generationenthema war also tatsächlich ein roter Faden in diesen Sommerferien. Der älteste Brief in dem Kistchen war aus dem Jahr 1865. Mit Gedicht und Siegel. Es gab Fotos aus der Zeit zwischen den Weltkriegen und dann noch Briefe und Zeichnungen von meinem Papa aus den 1950ern.

So, nun hoffe ich, ihr habt auch alle den Sommer genossen und seid nun bereit für den Herbst! Ich muss sagen, ich freu mich schon drauf…


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