Ein bisschen Feenstaub für deinen Alltag

Sagenhafter Sonntag – Blutiger Herbst

Bald ist ja Halloween, da passt vielleicht diese rural Legend aus dem Bayerischen Wald ganz gut zu diesem sagenhaften Sonntag. 

Blutiger Herbst

1975. Langsam schlängelt sich das kleine rote Auto die schmalen Kurven hinauf. Tief und schwer hängen die Regenwolken in den Gipfeln. Links und rechts recken sich dunkle Tannen in die Höhe. Die Sicht ist schlecht und der Fahrer tritt kräftig auf die Bremse als wie aus dem Nichts eine Gestalt zwischen den Bäumen auftaucht.

Eine alte Frau, ganz in Schwarz gekleidet steht am Straßenrand. Ihr langer Rock wirken schon vor 50 Jahren aus der Zeit gefallen. Der Fahrer beugt sich zur Beifahrerseite und kurbelt das Fenster runter. „Kann ich Sie mitnehmen? Ist ja noch ein ganzes Stück bis B.“ Ein scharfer Blick aus kleinen grauen Augen, ein Nicken. Der Fahrer öffnet die Tür. Seltsame Alte, denkt er, während das Mütterchen erstaunlich flink neben ihm auf dem Beifahrersitz Platz nimmt. Sie trögt nichts bei sich, keine Tasche, keinen Korb. Was hat sie da so ganz allein im Wald gemacht, so fern ab von der nächsten Ortschaft? „Wo wollen‘s denn hin?“, fragt der Fahrer. Doch die Alte murmelt nur etwas Unverständliches. „Soll ich Sie in B. absetzen? Ist ja wirklich kein Wetter für lange Spaziergänge.“ Doch die Alte murmelt wieder nur vor sich hin. Dem Fahrer ist ein wenig mulmig zumute. Doch er hätte die Alte ja kaum dort an der Straße stehen lassen können, so irgendwo im Nirgendwo. Er wirft einen verstohlenen Seitenblick auf das runzelige Gesicht, das starr geradeaus gerichtet ist. Dann redet er noch ein wenig über das Wetter und dass wohl bald noch einmal Schnee den Regen ablösen soll. Die Alte schweigt. Der Fahrer ist froh, dass der nächste Ort bald erreicht sein wird. Da beginnt die Alte wieder zu murmeln. „Wie bitte? Ich verstehe Sie so schlecht. Wir sind gleich da, ich setze Sie dann in der Ortsmitte ab. Passt das?“ Da hört er die Alte singen. Erst leise, dann lauter. Sie singt von einem wunderschönen Frühling und einem herrlichen Sommer und dann von dem blutigen Herbst, der schon auf alle wartet. Dem Fahrer läuft ein Schauder über den Rücken. Der Gesang verstummt. Der nächste Ort kommt in Sicht „Halt!“, ruft da die Alte plötzlich. Der Fahrer bremst erschrocken. „Hier passt‘s“, sagt die Alte und steigt ohne ein weiteres Wort aus dem Wagen. Der Fahrer kann ihr nur nachschauen, als sie mit der Straße im Nebel zu verschwinden scheint – doch nicht in den Ort hinein, sondern in die Richtung aus der sie gerade gekommen waren…

Mehrere Autofahrer berichten im Jahr 1975 von einer Begegnung mit der seltsamen Anhalterin. Und allen sang sie das Lied vom blutigen Herbst. Der Spuk dauerte ein paar Wochen, dann hat niemand mehr die Alte gesehen. Der blutige Herbst kam nicht, aber wer weiß schon, welchen Herbst sie gemeint hat….

Mehr über die Legende könnt ihr übrigens im BR-Podcast „Blutiger Herbst – eine bayerische Geistergeschichte“ hören.

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