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Groß und Klein – die Blog-Kolumne 

Die Weihnachtsmannfrage

Hohoho! Weihnachten rückt näher und näher. Höchste Zeit für Eltern jüngerer Kinder, sich nicht über die Geschenke, sondern auch um deren Überbringer Gedanken zu machen. Bei genauerer Betrachtung kann einen die Weihnachtsmannfrage genauso in die Bredouille bringen wie den guten alten Faust die Gretchenfrage. Vielleicht sogar noch mehr.

Denn es geht nicht nur um Weihnachtsmann oder kein Weihnachtsmann. Wenn man sich für die Weihnachtsmann- oder auch für die Christkindgeschichte entschließt, dann fangen die eigentlichen Probleme erst richtig an. Lügt man seine Kinder nicht an? Schwächt das dann bei Aufklärung nicht das Vertrauensverhältnis? Wie erklärt man, dass ein ausgewachsener Mann durch einen engen Schornstein passt? (Schmierseife?) Warum hat die Tilda aus der Raupengruppe mehr Geschenke bekommen, obwohl die gar nicht braver war? Und warum zum Teufel soll ein imaginärer Typ den ganze Ruhm einheimsen, obwohl wir Eltern es waren, die sich die Hacken nach Geschenken abgelaufen – oder die Finger wundgeklickt – haben! Das alles sind berechtigte Fragen. Die ich mir nie gestellt habe. 

Ach, hätte ich mir einmal mehr Gedanken über die Weihnachtsmannfrage gemacht, bevor das große Kind geboren wurde. Wobei – mit den Problemen, mit denen ich letztendlich in Sachen Weihnachtsmann konfrontiert wurde, hätte ich auch dann nicht gerechnet. So viel sei zu meiner Verteidigung gesagt. Trotz pädagogischer Ausbildung reagiere ich auf die meisten Erziehungsfragen aus dem Bauch heraus. Bislang hat das ziemlich gut funktioniert. Meistens. Aber die Sache mit dem Weihnachtsmann… Ihr könnt euch denken, dass ich nie ein Problem damit hatte, meinen Kindern hübsche Geschichten zu erzählen und die  magische Phase bestmöglich zu befeuern. Das hat in meiner Familie quasi Tradition. Vor allem mein Vater konnte im Ton inbrünstiger Überzeugung Dinge herbeifabulieren, die bei genauerer Betrachtung weder Hand noch Fuß hatten. Wirklich, wäre er nicht im Schwabenländle sondern in den USA aufgewachsen, wäre er jetzt vielleicht Präsident. Meine Schwester und ich waren diese Geschichten von kleinauf gewohnt und uns machte er nicht so leicht ein X für ein U vor. Doch unsere Freundinnen gingen phasenweise fest davon aus, dass die Bauern im Winter Mützen für die Kohlköpfe gegen die Kälte stricken oder Asphaltmader für die Schlaglöcher in den Straßen verantwortlich sind. Aber ich schweife ab – zurück zum Weihnachtsmann.

Das große Kind hatte bei seiner Tagesmutter zum ersten Mal vom Weihnachtsmann gehört und als Fan und Förderer kindlicher Einbildungskraft habe ich die Story dankbar aufgegriffen, bestätigt und ausgebaut. Doch dann geschah das Unvermeidliche. Das große Kind wurde älter. Und klüger. Und dummerweise auch kritischer. Es begann Fragen zu stellen. Unter anderem die Frage, ob es den Weihnachtsmann denn wirklich gibt. Für mich war klar – Fantasiegeschichten immer gerne, aber bei ernsten Nachfragen ehrliche Antworten. Dennoch zögerte ich: „Was glaubst du denn?“ Das große Kind nannte daraufhin einige Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmann auf die er bereits von selbst gekommen war. „Willst du eine ehrliche Antwort?“, fragte ich noch. „Ja.“ „Nein.“ „Es gibt keinen Weihnachtsmann?“ „Nein.“ Böser Fehler. In der Folge war das große Kind sauer. So richtig. Nicht, weil ich es zuvor angelogen hatte, sondern weil ich ihm nun die Wahrheit gesagt hatte. Noch ein Weihnachten später warf er mir vor, dass ich schuld sei, dass er nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben könne. Seine beste Freundin aber schon. Naja, auf der Haben Seite ist die Lektion im Gönnen können zu vermerken. Denn das große Kind ließ seiner besten Freundin ihren Glauben, auch wenn es selbst um den Spaß beraubt war. Und ich denke, mittlerweile hat er mir verziehen. Wer weiß, vielleicht hat dieser frühe Glaubensbruch seinen Hang für Naturwissenschaften beflügelt. Heute würde er jedenfalls niemandem mehr vorwerfen, Glauben in Wissen verwandelt zu haben. Er ist ein großer Fan von Fakten geworden. Beim kleinen großen Kind gab es weihnachtsmanntechnisch zum Glück nie Probleme. Das kleine große Kind war bei solchen Dingen schon immer wenig sentimental. Liegt vielleicht am großen Bruder, der ihm weismachen wollte, dass der Osterhase so schnell die Eier verteilen kann, weil er mit einem kleinen Monstertruck von Garten zu Garten fährt. Das fand das kleine große Kind lustig, aber durchschaubar. Schließlich würde ein Monstertruck zu viel Krach machen. An Osterhasen, Weihnachtsmann und Co. hat er nie so recht geglaubt. Und als ich heute die Weihnachtsdeko vom Dachboden geholt habe, traf die geringe Sentimentalität auf den für sein Alter erstaunlich düsteren Humor. Es gibt da diese Lichterkette mit Wichtelköpfen, die die Oma uns mal geschickt hat. Daraus entspann sich nun die Geschichte von Oma Renate, der Wichteljägerin, die uns ihre Trophäensammlung hat zukommen lassen. Ich denke also, eine Wichteltür kann ich mir dieses Jahr sparen. Das würde möglicherweise nicht gut ausgehen. Für den Wichtel. Dafür muss ich mir wohl keine Sorgen machen, dass die Familientradition des Fabulierens nicht aufrecht erhalten wird. 

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